Aufsichtsrat und Umsatzsteuer: neue Regularien!

Die Aufsichtsratstätigkeit ist seit langem für alle Steuerarten als eine selbständige Tätigkeit angesehen worden.
Das hat für die Einkommensteuer zur Folge, dass sie ausdrücklich in § 18 EStG, bei den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit erwähnt wird. Das ist auch folgerichtig, denn sie trägt weder die Kennzeichen eines Gewerbebetriebes noch einer nichtselbständigen Arbeit, also einer Arbeitnehmertätigkeit.
Der Aufsichtsrat als Kontrollorgan einer AG (oder einer anderen Kapitalgesellschaft) ist gerade nicht in diese eingegliedert – er soll ja unabhängig agieren.

Diese Sichtweise ist auch auf die Umsatzsteuer durchgeschlagen. Der Aufsichtsrat wurde bislang immer als Unternehmer eingeordnet, denn er erfüllte die gesetzlichen Voraussetzungen Selbständigkeit und nachhaltige Einnahmeerzielungsabsicht. Eine Verneinung der Selbständigkeit durch eine Weisungsgebundenheit lag nicht vor.

Das soll grundsätzlich auch so bleiben, sowohl für die Einkommensteuer als auch für die Umsatzsteuer.
Allerdings hat der Bundesfinanzhof in Folge einer Rechtsprechungsänderung des EuGHs am 27. November 2019 (Aktenzeichen V R 23/19, V R 62/17) entschieden, dass dies nicht mehr in allen Fällen so zu beurteilen ist.

Das Bundesfinanzministerium wendet nun diese Rechtsprechung an (BMF v. 08.07.2021 III_C_2-S_7104-19-10001_003) und erläutert, dass die Art der Vergütung den Unterschied macht.

Erhält der Aufsichtsrat Sitzungsgelder oder andere Arten von variabler Vergütung, bleibt er Unternehmer.
Besteht die Vergütung aber aus (jährlichen) Fixbeträgen, ist umsatzsteuerlich davon auszugehen, dass er kein Vergütungsrisiko trägt und somit seine Selbständigkeit aufgibt.
Für Umsatzsteuerzwecke wird er dann wie ein Arbeitnehmer behandelt, nicht aber für Zwecke der Einkommensteuer. Auch ein Lohnsteuer- und Sozialversicherungsabzug ist nicht vorzunehmen!

Für den Fall, dass die Vergütung ein Mix aus fixen und variablen Elementen ist, gilt Folgendes: stellen die variablen Elemente mindestens 10% der Gesamtvergütung dar, liegt insgesamt Selbständigkeit und damit Unternehmereigenschaft vor. Soweit Reisekosten erstattet werden, berührt das nicht die Farge der Selbständigkeit, d.h. Fixvergütung + Reisekosten führt zu fehlender Selbständigkeit; variable Vergütung (zu mindestens 10%) + Reisekosten bedeutet volle Unternehmereigenschaft.
Die Finanzverwaltung möchte, dass diese Kriterien auf jedes einzelne Aufsichtsratsmandant angewendet werden, sodass dieselbe Person jeweils teilweise Unternehmer und teilweise nichtselbständig sein kann.

Wieder eine neue Verkomplizierung des Steuerrechts und ein Auseinanderklaffen bei der Beurteilung für die verschiedenen Steuerarten!

Wenn Sie nicht sicher sind, ob diese Regelung auf Sie zutrifft, kontaktieren Sie unsere Steuerberater.

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